Aktuelle Debatte zu Mobilität − Meier: Die Koalition arbeitet in der Verkehrspolitik betonstur nach dem Prinzip „Immer-weiter-so!“

Rede der Abgeordneten Katja Meier zur Aktuellen Debatte der Fraktionen CDU und SPD: „Mobilität im Wandel, Verbraucherrechte stärken, Zukunft der Automobilindustrie sichern“
58. Sitzung des Sächsischen Landtags, 30. August, TOP 1
– Es gilt das gesprochene Wort –
 
 
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Staatsminister,
schon wieder überrascht mich die Koalition aus CDU und SPD. Mobilität im Wandel? Sie haben Recht mit dieser Beschreibung. Unsere Mobilität wandelt sich und sie muss sich noch deutlich stärker wandeln, wenn wir eine lebenswerte Zukunft haben wollen.
Aber gestatten Sie mir die Frage: Was hat das mit Ihnen zu tun?
Wenn es einen Themenbereich in dieser Koalition gibt, der betonstur nach dem Prinzip „Immer-weiter-so!“ arbeitet, ohne nur ansatzweise mitzubekommen, was ambitionierte Politik in den Nachbarländern kann, dann ist es wohl der Verkehrsbereich.
Wenn es ein Staatsministerium gibt, dass drei Jahre nach dem Ende der CDU/FDP-Koalition immer noch wirkt, als regiere die FDP dank kleiner „Fürsten“ weiter, dann ist es wohl das Verkehrsministerium.
Wenn es einen Themenbereich gibt, bei dem Sachsens Staatsregierung viel zu lange auf die Freiwilligkeit der Industrie- und der großen Lobbyverbände gesetzt hat, dann ist es wohl der Automobilsektor.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch uns GRÜNEN sind die Arbeitsplätze der Branche wichtig. Aber Sie haben wenig dazu beigetragen, diese sächsischen Arbeitsplätze und den Standort rechtzeitig fit für die notwendigen Veränderungen hin zu einer deutlich umweltgerechteren postfossilen Mobilität zu machen.
Der Ausbau von Bus und Bahn, von Fahrrad- und Fußverkehrsinfrastruktur, das Unterstützen von Jobtickets und von Sharingmodellen bei der Autonutzung, das alles war in den letzten Jahren nicht Chefsache.
 
Darf ich Sie noch einmal kurz an die Debatte um den letzten Doppelhaushalt erinnern. Von den knapp 90 Millionen Euro, die Sachsen vom Bund gemäß Entflechtungsgesetz jährlich für kommunale Verkehrsinfrastruktur bekommt, werden ganze 17 Prozent für den ÖPNV genutzt, stattliche 83 Prozent fließen weiterhin in den Straßenbau. Ihre Regierungsbeteiligung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD hat den Prozentanteil für Bahn und Bus um ganze zwei Prozent nach oben katapultiert. Das sind Kaffeebohnen-Schritte.
 
Sie wollen Verbraucherrechte stärken?
Sehr gut, ich freue mich auf Ihre schnellstmöglichen Aktivitäten gegenüber Ihren Parteifreunden in den Bundestagsfraktionen. Dann könnten noch in dieser Legislatur die nötigen Gesetzesänderungen realisiert werden, um mehr Rechtssicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher zu schaffen, die vom Diesel-Skandal betroffen sind. Kurz: Dann werden endlich auch in Deutschland, Sammelklagen möglich. Damit sollten Sie sich aber wirklich beeilen. Bei Mängelansprüchen betragen die Verjährungsfristen grundsätzlich zwei Jahre. Der Betrug bei den Abgaswerten wurde im Jahr 2015 öffentlich. Ende 2017 droht der Ablauf der Fristen. Danach wären die Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Kulanz der Hersteller angewiesen. Und auf die würde ich nun wirklich nicht setzen wollen.
Sie propagieren nun − reichlich spät − den Ausbau der Elektromobilität. Aber sie meinen damit aber nicht die Bahn, Stichwort Elektrifizierung der Strecken Dresden-Görlitz und Chemnitz-Leipzig.
Sie meinen die Umstellung auf Elektroautos, ohne auch nur im Traum daran zu denken, dass auch eine Reduzierung der häufig nur mit einer Person besetzten Autokolonnen nötig wäre.
Wenn am Ende das Elektroauto mit Strom aus Kohlekraftwerken gefahren wird, ist es nur ein Austausch des Schornsteins zum Auspuff.
Ohne Ausbau der erneuerbaren Energien kann es keine umwelt- und klimaschonende Mobilität geben. Das hat sich allerdings noch nicht bis zu Ihnen herumgesprochen.
 
Sie sorgen dafür, dass die Energiewende um Sachsen einen Riesen-Bogen macht.
Sie stellen sicher, dass Sachsen in einem unvorstellbaren Ausmaß Kohlestrom exportiert.
Sie fordern sogar die EU-Grenzwerte zu senken, um die Kohlekraftwerke bis in den St. Nimmerleinstag abzusichern.
Einen in die Zukunft gerichteten, glaubwürdigen Wandel auch in der Mobilität werden Sie damit nicht erreichen.
Dafür braucht es eine massive Förderung umweltfreundlicher Verkehrsarten und eine deutliche Verringerung des Verkehrsaufkommens, sonst ist es keine Verkehrswende, die diesen Namen verdient.
Dann kommen Sie auch nicht an der Energiewende vorbei.
 

 

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