Meier: Es sollen immer noch Gebühren für Anmeldung sowie Dolmetscherkosten anfallen. Das konterkariert den Schutzgedanken des Gesetzes
Dresden. Nach monatelangen Verzögerungen konnte in der heutigen Sondersitzung des Sozialausschusses im Sächsischen Landtag endlich das Sächsische Ausführungsgesetz zum Prostituiertenschutzgesetz abschließend behandelt werden. Allerdings hat der Entwurf der Staatsregierung deutliche Schwächen, erklärt Katja Meier, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Die Sachverständigenanhörung zum ersten Entwurf im Februar hatte erheblichen Nachbesserungsbedarf offengelegt. Insbesondere der Mahnung aller Experten, dass sowohl die Anmeldung als auch die gesundheitliche Beratung kostenfrei sein müssen, kam die CDU/SPD-Koalition dennoch nicht nach. Zwar muss für die gesundheitliche Beratung nichts bezahlt werden. Für die Anmeldung sollen die in der Prostitution Tätigen allerdings 35 Euro entrichten. Die besonders schutzbedürftigen Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter unter 21 Jahren sind durch diese Gebührenpflicht gleich mehrfach betroffen, da sie sich doppelt so häufig anmelden und damit doppelt so hohe Gebühren tragen müssen.“
„Erschwerend kommt hinzu, dass die Dolmetscherkosten nicht eindeutig geregelt sind. Lediglich bei der Gesundheitsberatung ist klar, dass die Kosten nicht von den Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern getragen werden. Für den Umgang mit Dolmetscherkosten bei der Anmeldung fehlen hingegen eindeutige gesetzliche Regelungen. Sie sind lediglich in der Begründung des Änderungsantrags aufgeführt.“
„Gerade bei der Anmeldung ist eine Verständigung jedoch essenziell. Hierbei sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ordnungsämter beurteilen, ob bei den Prostituierten eine Zwangslage vorliegt. In einem 30-45 minütigen Gespräch ist dies selbst mit Dolmetscher schwer. Ohne Hilfe ist eine kompetente Einschätzung unmöglich. Mit der Zahlung der Dolmetscherkosten durch die Prostituierten konterkarieren CDU und SPD hier sehenden Auges den Gesetzesauftrag.“
Die GRÜNE-Fraktion hatte einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf vorgelegt, der den Verzicht auf jegliche Gebührenerhebung und einen dauerhaften Mehrbelastungsausgleich für die betroffenen Kommunen vorsieht. Dieser wurde von der Koalition abgelehnt.
Hintergrund:
Die neuen Aufgaben, die das Prostituiertenschutzgesetz den Kommunen vorgibt, sind klar. Der Personal- und Finanzbedarf der Kommunen ist bis auf den Cent genau berechnet. Behindert wurde die Umsetzung des Bundesgesetzes erst durch die fehlende landesrechtliche Regelung. Mit monatelanger Verspätung hatte die Staatsregierung dann einen Entwurf vorgelegt, bei dem insbesondere die vorgesehene Zahlungspflicht der Prostituierten für die Pflichtanmeldung und -gesundheitsberatung für große Diskussion gesorgt hatte. Alle war sich einig gewesen, dass mit einer Zahlungspflicht das Gesetzesziel des Schutzes konterkariert wird.
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