Verkehr/Doppelhaushalt − Meier: Kein Signal des Aufbruchs − Von den ca. 88 Mio. Euro für kommunale Verkehrsinfrastruktur fließen 83 Prozent in Straßenbau

Redebausteine der Abgeordneten Katja Meier (GRÜNE) in der Debatte

um den Haushalt des Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (Drs 6/5550, 6/6237, 6/6871 und 6/7150)
46. Sitzung des Sächsischen Landtags, 15. Dezember 2016, TOP 1.9

 

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

das Positive zuerst: Erfreulich ist, dass Fördertöpfe für den Radverkehr auch weiterhin gut gefüllt sind.
Aber Geld allein reicht nicht aus. An den notwendigen zwei Stellschrauben, damit diese Mittel endlich auch genutzt werden und nicht wie bisher in Größenordnungen verfallen, haben sie aber nicht gedreht.
Dazu wäre es nötig beim SMWA und beim LASuV Personal für Radverkehrsplanung aufzustocken und dazu eigenen Abteilungen zu bilden.
Und Sie müssten endlich über Ihren Schatten springen und es endlich erlauben, dass die Kommunen mit diesen Radverkehrsfördermitteln auch Fahrradstationen bauen dürfen. Beiden GRÜNEN Vorschlägen haben CDU und SPD leider abgelehnt … aber sie haben heute noch mal Gelegenheit.

Beim Schienenpersonennahverkehr fällt unsere Analyse gemischt aus:
Die Zahlen, die Staatsminister Dulig in der Ergänzungsvorlage zum Haushalt ursprünglich vorgelegt hatte, waren indiskutabel.
Von den zusätzlichen jährlich 50,2 Mio. Euro Regionalisierungsmittel des Bundes wollten Sie nur 1,3 Mio. bzw. 2,6 Mio. Euro an die Zweckverbände weiterleiteten.
Den Schülerverkehr wollte Minister Dulig gleich vollständig aus Regionalisierungsmitteln finanzieren.

Wir haben dazu hier kürzlich eine eigene Aktuelle Debatte zum Thema geführt.
Parallel dazu haben Bürgerinnen und Bürger in Sachsen eine Petition organisiert.
Beides hatte offenbar Erfolg, denn mit ihren Änderungsanträgen haben Sie nachgesteuert.
Das geht in die richtige Richtung, aber es reicht noch nicht aus.
Damit lindern Sie die schlimmsten Härten, nehmen allerdings eine weitere Steigerung der Ticketpreise für die Bürgerinnen und Bürger in Kauf.
Aber was ist denn mit:

  • den wachsenden Ballungszentren – ja der 15-Minuten-Takt, aber auch nur in der Rushhour
  • Sachsen-Franken-Magistrale und zwischen Görlitz und Dresden alle Strecken, die kein Nahverkehr sind und die Zweckverbände trotzdem schultern müssen

Noch tragischer ist das Einknicken der SPD bei der Verteilung der Entflechtungsmittel des Bundes für die kommunale Verkehrsinfrastruktur.
Von den ca. 88 Mio. Euro, die Sachsen von diesen Geldern jährlich für kommunale Verkehrsinfrastruktur ausgeben will, werden ganze 17 Prozent für den ÖPNV genutzt, stattliche 83 Prozent fließen weiterhin in den Straßenbau.
Das ist fast genau der gleiche deprimierende Verteilerschlüssel, der schon unter Minister Morlok galt und der Sachsen den bundesweit letzten Platz in diesem Bereich sicherte.

Aber halt, ich will korrekt bleiben: Sie haben sich bewegt meine Damen und Herren von CDU und SPD, nämlich um genau drei Prozent.
Doch ja – sie haben den ÖPNV-Anteil von 14 auf nun 17 Prozent erhöht, ein „echtes Signal des Aufbruchs“!
Minister Jurk war da schon mal besser, der hat immerhin noch 25 Prozent dieser Gelder für den ÖPNV bereitgestellt.

Aber ja, Sie bewegen sich. Und ich habe für Sie mal den Taschenrechner gezückt:
Wenn Sie in dem Tempo weitermachen und vorhaben sollten, das alle zwei Jahre, der Verteilerschlüssel um drei Prozent geändert wird, dann hätten Sie im Jahr 2039 einen Anteil von 50 Prozent dieser Gelder für den ÖPNV erreicht.
Das wäre doch dann ein schönes Geschenk für Sie zum allmählichen Renteneintritt Herr Dulig, Sie sind dann 65 Jahre alt, wenn Sie sich jetzt eine gute Flasche Wein für diesen Moment kaufen, ist er dann richtig was wert.

Der im Koalitionsvertrag festgeschriebene Integrale Taktfahrplan wird zwar gelegentlich mal in der Strategiekommission benannt, die Umsetzung lässt aber weiter auf sich warten, auch im vorliegenden Haushaltsentwurf sind hierfür keine Akzente zu erkennen.
Es ist klar: Die Königsdisziplin, um politische Ziele ökonomisch zu untersetzen, sind die Haushaltsverhandlungen.
Bezüglich einer ausreichenden Finanzierung des öffentlichen Verkehrs sowie einer Offensive beim Radverkehr in Sachsen sind Sie gerade dabei, diese Gelegenheit zu verpassen.

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