Die Bundesländer sind laut Schwangerschaftskonfliktgesetz gesetzlich verpflichtet, ein >>ausreichendes Angebot an ambulanten und stationären Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen<< sicherzustellen.
Ob der Freistaat Sachsen diese Pflicht erfüllt, ist nicht feststellbar. Auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katja Meier, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, konnte Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) weder genau angeben wie viele sächsische Ärztinnen und Ärzte Schwangerschaftsabbrüche durchführen, noch sieht sie die Staatsregierung in der Pflicht, sich darüber einen Überblick zu verschaffen und das Ergebnis zu veröffentlichen.
„Nicht nur vor dem Hintergrund der Diskussionen um Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs (StGB) erschüttert mich die Ignoranz der Sozialministerin. Die Ministerin ist nicht einmal in der Lage zu definieren, wann ihrer Ansicht nach ein ausreichendes Angebot an Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, gegeben ist. Angesichts dessen ist ihre Behauptung, der gesetzliche Auftrag sei in Sachsen erfüllt und es gebe flächendeckend genügend Praxen und Kliniken für diese medizinische Leistung, reichlich abstrus.“
„Frauen, die ungewollt schwanger sind, befinden sich in einer Extremsituation. Sie brauchen nicht nur eine wohnortnahe Beratungsstelle, sondern müssen auch wissen, welche Kliniken und Praxen Abbrüche vornehmen“, erläutert Meier.
„Da die aktuelle Rechtslage auf Bundesebene es nicht zulässt, dass Ärztinnen und Ärzte straffrei darüber informieren, dass sie Abbrüche vornehmen, muss das die sächsische Staatsregierung tun. Ich fordere Sozialministerin Klepsch auf, den guten Vorbildern der Stadtstaaten Hamburg und Berlin zu folgen, in Vorleistung zu gehen und auf den Internetseiten der Staatsregierung über alle Hilfeeinrichtungen bei Schwangerschaftskonflikten zu informieren. Das setzt natürlich voraus, dass sie sich einen Überblick darüber verschafft, inwieweit Sachsen wirklich ein ausreichendes Angebot an Praxen und Kliniken hat, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.“
Hintergrund:
Das Schwangerschaftskonfliktgesetz verpflichtet die Länder in Paragraf 3 zur Vorhaltung eines ausreichenden Angebots an wohnortnahen Beratungsstellen für die Schwangerschaftskonfliktberatung. Außerdem müssen sie gemäß Paragraf 13 Absatz 2 ein ausreichendes Angebot an ambulanten und stationären Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sicherstellen.
Allerdings dürfen die Arztpraxen und Kliniken nicht öffentlich darüber informieren, dass sie Abbrüche durchführen. Denn dies wird nach der aktuellen Rechtslage als illegale Werbung im Sinne des Paragrafen 219a StGB angesehen. Legal ist hingegen die Information durch öffentliche Stellen, wie das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz oder den öffentlichen Gesundheitsdienst. Diese Informationen sind allerdings nur hilfreich, wenn sie leicht zugänglich sind.
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