Sachsen braucht tragfähiges Personalbedarfskonzept für Justizvollzugsanstalten

(2017-26) Nach den schwerwiegenden Vorfällen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Leipzig, der JVA Torgau bzw. der JVA Zwickau erneuert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag ihre Forderung nach einer tragfähigen Personalbedarfsberechnung für alle Justizvollzugsanstalten im Freistaat.

„In den nächsten Landtagssitzungen am 1. und 2. Februar werden wir unseren Antrag zur Einrichtung einer Fachkommission zur anstaltsspezifischen Berechnung des Personalbedarfs auf die Tagesordnung setzen“, erklärt Katja Meier, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion. „Diese Fachkommission soll – wie in Niedersachsen geschehen – den notwendigen Personalbedarf je Justizvollzugsanstalt auf der Grundlage der für deren Betrieb notwendige Gesamtstundenanzahl ermitteln.“

Meier appelliert an den Justizminister Sebastian Gemkow (CDU), seine in der Stellungnahme zum Antrag deutlich gewordene ablehnende Haltung aus dem Sommer 2016 noch einmal zu überdenken:
„Wenn sich innerhalb von nur wenigen Tagen gleich zwei derart schwerwiegende Vorfälle in der JVA Leipzig ereignen, muss von erheblichen strukturellen Defiziten innerhalb der Haftanstalt ausgegangen werden. Wenn ein Neuzugang trotz bekannter Drogenabhängigkeit und aktuellem Drogeneinfluss nicht sofort dem Anstaltsarzt oder wenigstens dem Sozialdienst vorgestellt wird, dann ist die Personalsituation offensichtlich unzureichend.“

„Das Problem fehlenden Personals beim Strafvollzug bearbeitet die Staatsregierung nach wie vor halbherzig. Die im Haushalt 2017/2018 zusätzlich geschaffenen Stellen sind mit Blick auf die Altersabgänge in den kommenden Jahren bestenfalls ein ‚Herumdoktern‘ an den Symptomen.“

» Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ‚Leistungsfähigkeit des sächsischen Justizvollzugs sicherstellen – Einrichtung einer Fachkommission zur Personalbedarfsberechnung‘ (Drs. 6/5673)

» Stellungnahme der Staatsregierung zum Antrag

Hintergrund:
Laut LVZ/DNN vom 17.01.2017 und 20.1.2017 hat sich binnen weniger Monate nicht nur erneut ein Suizid in der Haftanstalt Leipzig zugetragen, sondern kam es auch zu einer versuchten Tötung eines Gefangenen durch zwei Mithäftlinge.

In der Stellungnahme der Staatsregierung zum Antrag erhielt die GRÜNE-Landtagsfraktion von Justizminister Sebastian Gemkow im August 2016 die Antwort, dass eine solche Kommission nicht als zielführend betrachtet wird.

Die im Antrag geforderte JVA-Fachkommission soll in einem ersten Schritt konkret für jede Anstalt, die zum Betriebsablauf notwendige Gesamtarbeitsstundenanzahl pro Jahr ermitteln und dabei sowohl bauliche, organisatorische sowie dem Betriebsablauf geschuldete Spezifika, aber u.a. auch den zeitlichen Mehrbedarf durch anstaltsspezifisches Gefangenenklientel usw. in der Berechnung berücksichtigen. In einem zweiten Schritt soll die Kommission die durchschnittliche jährliche Stundenleistung eines Bediensteten errechnen und dabei den durchschnittlichen Krankenstand, die Urlaubs- sowie Fortbildungstage usw. einrechnen.
Abschließend soll dann die Anzahl an Vollzeitstellen für jede Anstalt errechnet werden, indem die notwendige jährliche Gesamtarbeitsstundenzahl der jeweiligen Anstalt durch die durchschnittliche jährliche Stundenleistung eines Bediensteten dividiert wird (Gesamtstundenzahl je Anstalt / Stundenleistung = Anzahl an Vollzeitstellen je Anstalt).

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