Lebenslagen von LSBTTIQ* untersuchen: Schwierigkeiten, Anfeindungen, Ausgrenzungen, und Benachteiligungen sind höchst unterschiedlich

Rede der Abgeordneten Katja Meier zum Antrag der Fraktionen LINKE: „Lebenslagen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, transsexuellen, intergeschlechtlichen und queeren Menschen (LSBTTIQ) im Freistaat Sachsen untersuchen“ (Drs. 6/8236)
72. Sitzung des Sächsischen Landtags, 30. Mai, TOP 7

– Es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident, meine Damen und Herren,

in den letzten Jahren hat sich in Sachen Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen Trans-, Inter- und Queeren Personen enorm viel getan. Das lag vor allem an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Wegweisend war sicher die Entscheidung vor knapp einem Jahr. Endlich sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften auch tatsächlich gleichgestellt.

Auch in Sachsen hat sich einiges getan. Der Landesaktionsplan zur Akzeptanz der Vielfalt von Lebensentwürfen wurde nach zähem Ringen im September letzten Jahres verabschiedet. Zwar ohne einen konkreten Umsetzungsplan mit jeder Menge Prüfaufträgen. Aber zumindest gibt es nun eine Grundlage.

Erarbeitet wurde der Plan mit vielen Vertreterinnen und Vertretern aus Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung.

Aber wissen wir trotz dessen wirklich wie die spezifischen Bedürfnisse und Problemlagen von LSBTTIQ* sind?
Nein, wir wissen nicht wie der Lebensalltag von LSBTTIQ* in Schulen, in Hochschulen oder im Job konkret aussieht. Wir wissen nicht, wo Ausgrenzungen und Benachteiligungen stattfinden, die von einzelnen Personen ausgehen können, die ihren Ursprung aber auch in Strukturen haben können.

Auf welche Schwierigkeiten stoßen transsexuelle Menschen, wenn sie in ihrer Prüfungsurkunde das neue Geschlecht eingetragen haben möchten, dem Antrag bei Gericht auf Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz aus Gründen, die beim Gericht und nicht bei der antragstellenden Person liegen, aber noch nicht stattgegeben wurde?

Wie gehen ErzieherInnen, HortnerInnen und LehrerInnen mit Kindern um, die in Regenbogenfamilien aufwachsen? Inwiefern werden sie deren Lebenswirklichkeit gerecht?

Passieren in Sachsen wirklich so wenige Straftaten mit homophober Motivation? Der Sachsenmonitor lässt diesbezüglich etwas anderes vermuten. Dieser bestätigt für das Jahr 2017 sogar eine Zunahme der Zustimmung zu homophoben Aussagen gegenüber dem Vorjahr. Zeigen die Betroffenen von homophob motivierten Straftaten diese möglicherweise nicht an, weil sie Polizei und Gerichten nicht vertrauen oder dort schon schlechte Erfahrungen gemacht haben?

Der Fragenkatalog ließe sich noch um Einiges fortsetzen.
Mit einer Studie, wie sie von der Linken vorgeschlagen wird, können diese Wissenslücken geschlossen werden.

Staatliches Handeln kann so zielgerichteter und effizienter gestaltet werden. Vor allem halte ich das Mittel einer anonymen online-Befragung für aufschlussreich, da die „Outingrate“ immer noch sehr gering ist.

An der einen oder anderen Stelle müssen wir auch genauer hinschauen. Es wird zwar immer von LSBTTIQ* gesprochen.
Doch die Schwierigkeiten, Anfeindungen, Ausgrenzungen, und Benachteiligungen, auf die jede/r Einzelne stoßen kann, sind in ihrem Ausmaß höchst unterschiedlich.

Die Probleme etwa von intersexuellen Menschen sind hoch komplex und gehen schon im frühen Kindesalter mit gravierenden Würdeverletzungen einher.
Transsexuelle Menschen erfahren vor allem im Job Anfeindungen, Ausgrenzung und grenzüberschreitendes Verhalten.

Diese spezifischen Lebens- und Problemlagen gilt es zu ermitteln und das staatliche Handeln darauf abzustimmen. Andere Bundesländer, wie etwa Berlin, NRW, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind da voraus.

Offensichtlich wird von der sächsischen Staatsregierung durchaus der Mehrwert einer solchen Studie erkannt, doch sei sie zu aufwendig und zu teuer und überdies nicht im Haushalt eingestellt, heißt es in der Stellungnahme.
Das kann man ändern…die Haushaltsverhandlungen stehen vor der Tür.

In Hessen wurde 2016/17 eine Studie gemeinsam mit dem Landesjugendring zur Lebenslage von jungen Menschen erstellt…das Land hat dies mit 20.000 Euro kofinanziert.

Das sollte es uns wert sein. Lassen Sie uns nicht immer und überall das Schlusslicht sein!

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