Kommunaler Radwegebau: 2016 wurden wieder 80 Prozent der Fördermittel nicht genutzt

(2017-113) Es geht kaum voran: Im Jahr 2016 wurden wieder 80 Prozent der Fördermittel bzw. über 6 Mio. Euro für den kommunalen Radwegebau nicht genutzt. Schon 2015 verfielen 85 Prozent der Mittel.
„Was nützen Fördermittel für den Radverkehr, wenn sie Jahr für Jahr in diesen Größenordnungen verfallen?“, fragt die Abgeordnete Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, nach der Beantwortung ihrer Kleinen Anfragen durch Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD).

Eine Grund für die Misere sieht Meier darin, dass die bereits Ende 2014 im Koalitionsvertrag von CDU und SPD versprochene Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte (AGFS) bis heute nicht gegründet wurde. „Hier sehe ich Minister Dulig in der Verantwortung. Es wäre die Aufgabe seines Ministeriums, die Kommunen offensiv zu beraten und zu Anträgen zu ermutigen. Stattdessen begründet Martin Dulig in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage das geringe Interesse der sächsischen Kommunen an einer AGFS damit, dass diese nicht bereit wären ggf. Beiträge dafür zu entrichten. Vor dem Hintergrund, dass die Staatsregierung jährlich Fördermittel für den Radverkehr verfallen lässt, ist diese Aussage völlig absurd. Wie wäre es denn mit einer motivierenden Ansprache, in der die Vorteile einer solchen AGFS herausgestellt werden statt finanzielle Beiträge anzukündigen?“

„Die Information, dass seit Anfang 2016 die Staatsregierung den Bau kommunaler Radwege mit bis zu 90 Prozent fördert, scheint viele kommunale Verwaltungen noch nicht erreicht zu haben. Auch an den Planungskosten beteiligt sich der Freistaat. Es ist höchste Zeit, dass das Wirtschaftsministerium endlich in einem kompakten, gut verständlichen Leitfaden planerische Hilfestellung für die Kommunen bereitstellt. Die fahrradradfreundliche Freigabe von Einbahnstraßen wird zum Beispiel von den unterschiedlichen Straßenverkehrsbehörden in Sachsen derzeit noch völlig unterschiedlich gehandhabt“ , erläutert die Abgeordnete.

Der Landtag hatte 2015 entschieden, dass im Jahr 2016 der Bau kommunaler Radwege mit 8 Mio. Euro gefördert werden sollten. Davon wurden 2016 nur 1,622 Millionen Euro (etwa 20 Prozent) durch die sächsischen Kommunen genutzt. Insgesamt wurden lediglich 13 Baumaßnahmen kommunaler Radverkehrsanlagen in ganz Sachsen gefördert.
Mit 856.000 Euro ging mehr als die Hälfte der ausgezahlten Fördermittel in den Landkreis Mittelsachsen. Jeweils zwei Radwege wurden in Dresden, in den Landkreisen Leipzig, Meißen und Görlitz sowie der Stadt Görlitz selbst gefördert.
In den Landkreisen Nordsachsen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie im Vogtlandkreis wurde 2016 jeweils nur ein Projekt gefördert.
Keinerlei Fördermittel flossen in die Landkreise Zwickau, Bautzen, den Erzgebirgskreis sowie in die Städte Chemnitz und Leipzig.

„Die Radfahrerinnen und Radfahrer haben sich auch in Sachsen die Innenstädte zurückerobert. Städte wie Dresden, Leipzig, Delitzsch, Eilenburg, Radebeul oder Großenhain verzeichnen inzwischen etwa 15 bis 20 Prozent Radverkehrsanteil bezüglich aller zurückgelegten Wege“, erläutert Meier.
„Radverkehrspolitik ist auf kommunaler Ebene ein wesentlicher Teil der Stadtentwicklungspolitik. Eine weitere Zunahme des Radverkehrs als klimaneutrale, lärmfreie und kostengünstige Verkehrsart muss dringend gefördert werden. Sichere Radwege werden dafür dringend benötigt.“

„Innerstädtische Straßen sind Unfallschwerpunkte für Radfahrer und Radfahrerinnen im Alltagsverkehr“, erklärt die Abgeordnete. „Im Jahr 2016 verunglückten insgesamt 3.881 Radfahrer und Radfahrerinnen. Davon wurden 25 getötet und 837 schwerverletzt.“
„Wer die Zahl der verunglückten Radfahrer und Radfahrerinnen senken will, muss deutlich mehr für eine sichere Infrastruktur tun. Woran es nicht nur im Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV), sondern auch in vielen Kommunen offensichtlich fehlt, sind ausreichende Planungskapazitäten und Fachkräfte, die sich ausschließlich mit Radverkehr beschäftigen.“

» Antwort von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf die Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katja Meier (GRÜNE) ‚Ausgereichte Fördermittel im Haushaltstitel 07 06/ 883 17 Förderung Radverkehr einschließlich SachsenNetzRad im Jahr 2016‘ (Drs 6/8714)

» Antwort von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf die Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katja Meier (GRÜNE) ‚Verkehrsunfälle mit Fahrradfahrern und Fahrradfahrerinnen als Beteiligte, Verunglückte und Verursacher zwischen 2012 und 2016‘ (Drs 6/8646)

» Antwort von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf die Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katja Meier (GRÜNE) ‚Vernetzung hauptamtliche und ehrenamtliche Radverkehrsbeauftragte regionaler Planungsverbände, Landkreise, Städte und Gemeinden im Freistaat Sachsen‘ (Drs 6/9021)

» Haushaltsplan 2017/2018 Einzelplan 07 Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Auch der Freistaat selbst erledigt seine eigenen Hausaufgaben beim Bau von Radwegen an Staatsstraßen nicht.
Der Landtag hatte entschieden, dass im Jahr 2016 für 4 Mio. Euro Radwege an Staatsstraßen gebaut werden sollten. Davon wurden jedoch nur 1,45 Millionen Euro ausgegeben. Damit wurden 64 Prozent der Fördermittel durch den Freistaat selbst nicht genutzt.

» Antwort von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf die Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katja Meier (GRÜNE) ‚Ausgereichte Fördermittel im Haushaltstitel 07 06/ 785 75 Bau von Radwegen in den Jahr 2016‘ (Drs 6/8766)

Hintergrund:
Konkret wurden folgende Radwege gefördert:
Im Landkreise Mittelsachsen der 1. Bauabschnitt des Chemnitztalradweges zwischen Markersdorf und Diethensdorf sowie zwischen Wittgensdorf und Markersdorf. In der Stadt Dresden wurden zwei Radwege bzw. Rad-/Gehwege erneuert, im Landkreis Leipzig wurden in der Gemeinde Lossatal und in Thallwitz und im Landkreis Meißen mit dem Radweg von Großenhain nach Kleinthiemig und Brückenbauten im Zuge des Radweges von Gröditz nach Nauwalde jeweils 2 Projekte gefördert. Auch im Landkreis Görlitz wurden zwei Projekte in Niesky und der Stadt Görlitz selbst gefördert.

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