Das Zeigen des Hitlergrußes wird in der Polizei- und Justizstatistik nicht gesondert erfasst – GRÜNE fordern Überblick über Fallzahlen und strafrechtliche Verfolgung

Das Zeigen des Hitlergrußes wird in der Polizei- und Justizstatistik nicht gesondert erfasst. Das geht aus den Antworten des Justizministers Sebastian Gemkow (CDU) bzw. des Justizministeriums auf zwei Kleine Anfragen der Abgeordneten Katja Meier (GRÜNE) hervor. Es kann also nicht nachvollzogen werden, wie viele Ermittlungsverfahren deswegen tatsächlich zu einer Verurteilung führen und welcher Anteil durch die Staatsanwaltschaften eingestellt wird, etwa weil diese von einer geringen Schuld ausgehen. Eine solche Einstellung nach Paragraf 153 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) kommt laut Antwort des Justizministers (Drs. 6/14655) bei einem Tatvorwurf nach Paragraf 86a Strafgesetzbuch (StGB) nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht.

„Es ist gut, dass Justizminister Gemkow im Zeigen des Hitlergrußes nicht nur eine Straftat, sondern auch die Beeinträchtigung der >>Schutzgüter des öffentlichen Friedens und des demokratischen Rechtsstaats<< sieht. Diesen Worten müssen aber auch Taten folgen“, fordert Katja Meier, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag.
„Um diesen erheblichen Straftaten effektiv und nachhaltig entgegentreten zu können, muss es einen Überblick über die Entwicklung der Fallzahlen und den Verlauf der strafrechtlichen Verfolgung geben. Das ist aktuell nicht der Fall. Es ist weder für die Justiz noch für die Öffentlichkeit erkennbar, wie stark und effektiv der Rechtsstaat auf das Zeigen des Hitlergrußes reagiert. So werden potentielle Täterinnen und Täter nicht von ihrem Tun abgeschreckt.“

„Die Ergebnisse meiner Kleinen Anfragen zu den Ermittlungs- und Strafverfahren wegen Zeigen des Hitlergrußes sind äußerst unbefriedigend. Auch mit der vom Justizministerium vorgelegten Sonderauswertung über Verurteilungszahlen zu Hitlergrüßen (Drs 6/14656, 3. Anlage) lässt sich kein belastbares Bild erstellen“, kritisiert die Abgeordnete. Danach gab es im Jahr 2017 eine Verurteilung eines Jugendlichen wegen Zeigen des Hitlergrußes zu gemeinnütziger Arbeit, 33 Verurteilungen zu Geldstrafen, Gesamtgeldstrafen bzw. Gesamtstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen sowie drei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen ausgesetzt zur Bewährung. Im Jahr 2018 wurden bisher ein Jugendlicher zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt, 16 Verurteilungen zu Geldstrafen bzw. Gesamtgeldstrafen sowie zwei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen ausgesetzt zur Bewährung ausgesprochen.

Das Zeigen des Hitlergrußes wird gemeinsam mit anderen Delikten unter Paragraf 86a Strafgesetzbuch (StGB) ‚Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen‘ registriert.
Mit dem Tatvorwurf nach Paragraf 86a Strafgesetzbuch (StGB) wurden in dem Zeitraum 2012 bis 2017 5.958 Ermittlungsverfahren eröffnet. In 578 dieser Verfahren wurde Anklage erhoben. In 820 Verfahren beantragte die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl.
Im Jahr 2017 verurteilten die Gerichte die Angeklagten 163 Mal zu Geldstrafen, fünf Mal zu Freiheitsstrafen auf Bewährung und einmal zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung (Drs 6/14656, 2. Anlage).
Im Jahr 2017 endeten die Strafverfahren innerhalb dieser Gruppe wegen des Zeigens des Hitlergrußes drei Mal mit einem Freispruch (Drs 6/14656, Anlage 1) und in 38 Fällen mit einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe, meist auf Bewährung (Drs 6/14656, Anlage 3). Im Jahr 2018 wurde bisher einmal freigesprochen und 19 Mal verurteilt.

>> Antwort von Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier (GRÜNE) ‚Einstellung von Ermittlungs- und Gerichtsverfahren wegen Zeigen des Hitlergrußes‘ (Drs 6/14655)

>> Antwort von Justizministeriums auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier (GRÜNE) ‚Fallzahlen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren wegen Zeigen des Hitlergrußes‘ (Drs 6/14656)

Hintergrund:

>> Antwort von Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier (GRÜNE) ‚Einstellung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren wegen sog. Hitlergruß‘ (Drs. 6/7678)

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