Rede der Abgeordneten Katja Meier zu den Anträgen der Fraktionen CDU und SPD sowie der Fraktion DIE LINKE „Bundesgerichtshof in Leipzig stärken, Außenstelle des Generalbundesanwalts in Leipzig ausbauen“ (Drs 6/10452) und
„Bundesversprechen einhalten: Leipzig als Justizstandort im Osten stärken − endlich weitere Strafsenate des Bundesgerichtshofes in Leipzig einrichten!“ (Drs. 6/9903)
59. Sitzung des Sächsischen Landtags, 31. August, TOP 10
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
um es kurz zu machen: Die GRÜNE-Fraktion wird sowohl dem Antrag der Koalition als auch dem Antrag der Linken zustimmen, da beide in der Sache das Gleiche wollen und in die richtige Richtung gehen. Die Berliner und Karlsruher Hinhaltetaktik muss endlich ein Ende haben.
Das personelle Aufblähen der Senate, offensichtlich nur um keinen weiteren Senat bilden zu müssen, stößt irgendwann an die Grenzen der rechtlichen Zulässigkeit.
Der Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz muss endlich von seinen Befugnissen Gebrauch machen.
Es war interessanterweise die Fraktion Die Linke, die den großen Worten des Justizministers in der Presse Taten folgen lassen hat und ihren Antrag bereits vor zwei Monaten einreichte. Die Begründung des Antrags ist stichhaltig. Es wird auf den Tätigkeitsbericht des Bundesgerichtshofes (BGH) verwiesen, der von der steigenden Arbeitsbelastung der Senate spricht und auf die dazu im krassen Widerspruch stehenden Aussagen einer Sprecherin des BGH, die sogar von einer Verkleinerung spricht. Es wird deutlich, dass Leipzig als Profiteur der Rutschklausel bewusst hingehalten wird.
Die Linke nennt den Lösungsweg, nämlich § 130 Gerichtsverfassungsgesetz, der die Grundlage für das Handeln des Bundesjustizministers bildet, und zeigt dennoch die unmittelbare Handlungsverantwortung der Sächsischen Staatsregierung auf.
Dann schaue ich mir den insoweit gleichlautenden Antrag der Koalition und dessen Begründung an und stelle fest: Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in der Sächsischen Justiz, für die die Regierungskoalition mitverantwortlich ist, ist es ganz schön frech, die Bundesebene anzugehen anstatt erst einmal vor der eigenen Haustür zu kehren.
Sie, liebe Koalition, begründen ihren Antrag mit den demokratischen Erfordernissen der Rechtssicherheit und des effektiven Rechtsschutzes – und dem tollen Freizeitangebot in Leipzig. Sie schreiben, dass der Rechtsstaat zuerst die zur zügigen Durchführung von Gerichtsverfahren notwendigen personellen und strukturellen Ressourcen vorhalten muss. Und was ist mit effektivem Rechtsschutz und Rechtssicherheit in den ersten beiden Instanzen oder im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren?
Ihre Antragsbegründung ist blanker Hohn, wenn man weiß, wie es um die Justiz in Sachsen bestellt ist.
– Der Verfahrenszahlenzuwachs an den sächsischen Amts-, Sozial- und Verwaltungsgerichten ist genauso hoch wie der am BGH, wenn nicht gar höher.
– Die Richterinnen und Richter sind chronisch überlastet.
– Beim Landgericht Dresden hängen große Staatsschutzsachen, in denen es ebenso um extremistische und staatsgefährdende Straftaten geht, wie beim BGH, monatelang im Zwischenverfahren fest, ohne dass irgendetwas passiert.
Sie könnten als Justizminister dafür Sorge tragen, dass zusätzliche Kammern eingerichtet werden.
Sie bieten stattdessen pressewirksam dem BGH diverse Leipziger Villen an.
Das Leipziger Verwaltungsgericht, das aktuell aus allen Nähten platzt, würde sich vielleicht auch über weitere Räumlichkeiten freuen.
Mir ist ja klar, dass Sie mit Landtagsbeschlüssen wie diesem, ihre Partei in Leipzig im Wahlkampfzeiten unterstützen können.
Aber bitte widmen Sie sich doch bald wieder dem, wofür sie zuständig sind: der gesamten sächsischen Justiz.
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